
Florian Paulitsch
Die Krankheitsbezeichnung Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) beschreibt keine einheitliche Diagnose.
Die Terminologie umfaßt eine heterogene Gruppe seltener syndromaler Erkrankungen. Beschrieben werden typische Symptomenbilder, die bei unterschiedlichen Krankheitsbildern gefunden werden.
Die Kinder zeigen multiple, nicht progrediente, angeborene Gelenkkontrakturen in verschiedenen Körperregionen. Es können sowohl die oberen und unteren Extremitäten als auch die Wirbelsäule und die Kiefergelenke betroffen sein. Nicht selten bestehen komplexe Behinderungen unter Einschluß des Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes und des zentralen Nervensystems.
Da inzwischen mehr als 400 spezifische Erkrankungen mit arthrogrypotischen Merkmalen beschrieben wurden, sind Ätiologie und Pathogenetik sehr komplex.
Trotz der bekannten möglichen Genmutationen konnte der genaue Weg zur klinischen Präsentation der AMC noch nicht geklärt werden. Mehrere potenzielle Ursachen sind beschrieben (neuropathische Ursachen, Struktur- oder Funktionsstörungen von Muskeln, Bindegewebsstörungen, intrauteriner Platzmangel und Erkrankungen der Mutter).
In der Konsequenz fehlt bei all diesen potenziellen Ursachen nach initial regelhafter Entwicklung die fetale intrauterine Beweglichkeit, die zu einem fibrösen Umbau von Muskelzellen und einer markanten bindegewebigen Verdickung der Gelenkkapseln führt.
Die Häufigkeit der AMC beträgt 1 : 3000 Neugeborene.
Aus funktionellen und praktischen Überlegungen bewährt sich die von Hall 2014 vorgeschlagene Klassifikation in 3 Subtypen:
Beim Typ 1 sind nur die Gliedmaßen betroffen, beim Typ 2 Gliedmaßen und andere Organsysteme, beim Typ 3 zusätzlich neuromuskuläre Dysfunktionen und Beteiligung des zentralen Nervensystems.
Klinisches Bild
Die klassische Arthrogrypose oder Amyoplasie ist die häufigste Form mit symmetrischen Kontrakturen der Extremitäten ohne Rumpfbeteiligung und typischem Hämangiom im Mittelgesicht. 84% der Betroffenen haben eine Beteiligung aller 4 Extremitäten, 11% nur der Beine, 5% nur der Arme. Über die Hälfte der Kinder hat eine zusätzliche abdominale oder urogenitale Störung.
Typischerweise besteht ein schmaler Schultergürtel mit eingedrehten Armen, Strecksteifen der Ellenbogengelenke, eingedrehten Unterarmen und Kontrakturen der Hand- und Fingergelenke in Beugestellung.
Bei der distalen AMC bestehen im Wesentlichen Deformitäten der Hände und Füße. Diese Patienten können eine kraniofaziale Beteiligung aufweisen (Gordon- und Freeman-Sheldon-Syndrom).
An den oberen Extremitäten besteht eine charakteristische Ulnardeviation der Handgelenke mit Flexionskontrakturen der Finger und adduzierte Daumen.
An den unteren Extremitäten sind die assoziierten Fußdeformitäten sehr variabel: Klumpfuß, Knick-Hackenfuß, Talus verticalis und Sichelfuß.
Grundsätzlich erfolgt die Behandlung der Fehlstellungen und Kontrakturen angelehnt an etablierte Behandlungsschemata bei sonst gesunden Kindern.
Stets ist eine Kombination aus konservativen und operativen Maßnahmen erforderlich. Wegen zahlreicher Komorbiditäten kann das perioperative Management schwierig sein: Es bestehen meist ein schwieriger Venenstatus, erschwerte Intubationsbedingungen, ein erhöhtes Hyperthermierisiko und postoperativ ein erhöhtes Risiko für Atemprobleme.
AMC Behandlung Obere Extremitäten
Die Therapieplanung an den oberen Extremitäten umfaßt diese als Ganzes und hat die Zielstellung, möglichst viel Eigenständigkeit bei der Körperpflege und bei der Benutzung von Hilfsmitteln zur Lokomotion und Kommunikation zu erreichen.AMC Behandlung Untere Extremitäten
Auch an den unteren Extremitäten stehen zunächst konservative Maßnahmen im Vordergrund. Bei unzureichendem Erfolg werden operative Eingriffe aber deutlich früher indiziert als an den oberen Extremitäten, um eine in etwa altersgerechte Steh- und Gehfähigkeit zu erreichen. Während bei der distalen AMC gute Ergebnisse bezüglich Fußstellung und Gehfähigkeit zu erwarten sind, gestalten sich die Probleme bei der Amyoplasie schwierig und komplex, da sowohl Hüft-, Knie- und Sprunggelenke als auch die Fußstellung auffällig sind.Da die Befunde stark variieren, ist für jedes Kind ein individueller Behandlungsplan mit Definition erreichbarer Ziele zu erstellen und mit allen an der Therapie Beteiligten abzusprechen.
Unsere erfahrenen Experten der Physiotherapie helfen ihrem Kind mit individuellen Übungen bei der körperlichen Kräftigung, um Schmerzen zu beheben und zu vermeiden.
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